Wenn Unternehmergeist auf die Liebe zum Draußensein trifft, dann kann das der Beginn von etwas Großartigem sein. So geschehen mit den Unterkünften auf Flößen, den Floating Lodges in den Niederlanden.
In Weesp, nur 16 Zugminuten südöstlich vom Amsterdamer Bahnhof, haben gleich zwei dieser Floating Lodges ihr Zuhause im Grünen und auf dem Wasser gefunden. Und das in einer wirklich tollen Umgebung: In einem kleinen Naturhafen am Fluss Vecht, auf dem Gelände des Fort Uitermeer, einem alten Turmfort, und in der Gesellschaft von zahlreichen Seen lässt sich hier wunderbar das Draußensein, die Nähe zu Natur und Wasser und das “simple life”, das einfache aber unbeschwerte Leben zelebrieren. Mit den Füßen im Wasser baumelnd und der Natur im Blick.
Natürlich musste ich mir selbst einmal ein Bild davon machen. Anfang Juli packte ich eine gute Freundin, Wanderschuhe und Schlafsack ein und schon konnte unsere kleine Auszeit auf dem Floß bei Fort Uitermeer beginnen.
Inhalt
Fort Uitermeer
Fort Uitermeer ist ein Fort, dessen Ursprung bis auf 1589 zurückgeht und zur Verteidigung der Stadt Weesp diente. Das heutige Turmfort wurde 1845 erbaut und lag ursprünglich direkt an einer Schiffsschleuse, mit der man auch für Verteidigungszwecke die Umgebung fluten konnte. Heute verläuft diese nördlich des Forts.
Im 16. Jahrhundert entstand die „Hollandse Waterlinie“ (Holländische Wasserlinie), eine Verteidigungslinie, zu der auch Fort Uitermeer zählte. Seit 1913 zählt Fort Uitermeer zudem zur “Stelling van Amsterdam” (Stellung von Amsterdam), einem 135 km langem Verteidigungsring rund um Amsterdam aus insgesamt 46 Forts sowie zahlreichen Verteidigungsanlagen, Deichen und Schleusen. Die Aufgabe der Stelling van Amsterdam war es, die niederländische Hauptstadt vor dem Feind schützen. Die Polderlandschaft rund um die Stelling van Amsterdam konnte geflutet werden und so den Feind auf Abstand halten. An verwundbaren Stellen wurde ein Fort erbaut. All das kam jedoch nie zum Einsatz und viele Forts haben heute eine andere Nutzung. Seit 1996 zählt die Stelling van Amsterdam zum UNESCO Weltkulturerbe.
Der Grund dafür, dass von Fort Uitermeer heutzutage recht wenig übrig geblieben ist, liegt darin, dass in den 1950er Jahren der Befehl zum Abbruch des Forts gegeben wurde, welche lediglich das Turmfort und das Kanonenlager überlebten. Im Jahr 2007 wurde das Fort renoviert und auch Teile der alten Schleuse entlang des Forts wiederhergestellt. Das Fort ist nicht zugänglich aber gut von Außen sichtbar und bietet im Winter Fledermäusen Unterschlupf.
Floß bei Fort Uitermeer
Besorgt werfe ich am Morgen unseres Ankunftstags auf dem Floating Lodge, dem Floß bei Fort Uitermeer, einen Blick aus dem Fenster. Denn dort treibt der Wind die Regenwolken nur so über den grauen Himmel. Gegen Mittag passiert dann das Unerwartete: Es klart auf: Blauer Himmel, einige Wölkchen und Sonnenschein. Nur der Wind, der bleibt. Halb so schlimm, Hauptsache trocken.
Mit dem Zug fahre ich zum Bahnhof nach Weesp, wo ich von meiner Freundin mit dem Auto abgeholt werde. Zu Fuß bräuchte ich für die restlichen 5,7 km noch eine Stunde, mit dem Auto lediglich 10 min. Wir parken, schultern unsere Rucksäcke und laufen die restlichen paar Meter zum Floß, das sanft im kleinen Hafen schaukelt. Bei dem Wind hatte ich mich auf deutlich mehr Wellengang gefasst gemacht. Überrascht stellen wir fest, dass der Check-in “kontaktlos” verläuft, wir können unser Floß komplett ohne Rücksprache (die wir zur Sicherheit aber dennoch mit dem Personal vom naheliegenden Café halten) beziehen. Wenig später wird das “Geheimnis”, wie das Ganze dann überwacht wird gelöst, als ich angerufen werde, dass wir die im Floß befindliche Kamera noch abdecken müssen. Zeit, unser Floß genauer in Augenschein zu nehmen!
Eine Mischung aus Hütte und Safarizelt, aber dann schwimmend. So könnte man die beiden Flöße oder auch “Floating Lodges” im Hafen bei Fort Uitermeer beschreiben. Unseres ist in Richtung des grünen Hafenausgangs gerichtet, das andere blickt auf den mit Seerosen überdeckten und von Schilf gesäumten Flussarm. Beide Flöße liegen nur wenige Schritte vom Fort Uitermeer und dem Paviljoen Uit & Meer entfernt, bei dem wir abends mit tollem Blick auf den Fluss Vecht einkehren werden. Durch ihre Lage sind beide Flöße sowohl auf dem Landweg als auf dem Wasserweg erreichbar und verfügen über eine Terrasse mit eigener Schwimmleiter und Außendusche. Wer direkt vom Floß aus lospaddeln möchte, kann ein Kanu zur Floßmiete hinzubuchen. Zudem liegen wunderschöne Wander- und Fahrradrouten sozusagen vor der Floßtüre.
Die Floating Lodge ist gefertigt wie eine Holzhütte, lediglich der Eingang besteht aus Zeltstoff mit darunterliegendem Insektenschutz. So bleibt ein Aufenthalt selbst bei warmem Sommerwetter schön luftig. Der Innenbereich misst 13 m2 und bietet ausreichend Platz für 2 bis 4 Schlafplätze, eine Kochnische, ein kleines Waschbecken und eine Ökotoilette. Zudem stehen ein bequemer Sitzsack, Campingstühle, Hocker und ein Tisch zur Verfügung. Das Geschirr befindet sich im Picknickkorb und – wer möchte – kocht auf einem Campingkocher mit 2 Herdplatten. Glamping auf dem Wasser, sozusagen.
Was mir besonders gefällt, ist, dass die Flöße mit nachhaltigem Bezug erbaut wurden. Auf dem Dach befinden sich 2 Solarzellen, die das Licht über dem Bett und in der Toilette sowie 2 USB-Anschlüsse mit Strom beliefern. Die Toilette ist eine geruchlose Öko-Trenntoilette, das Wasser zum Hände- und Geschirr waschen kommt aus einem Tank und wird anschließend in einem Abwassercontainer aufgefangen.
Unser erster Akt, nachdem wir unsere Rucksäcke ins Innere des Floß geworfen haben: Es uns auf dem Sitzsack auf der Terrasse gemütlich machen und ein Picknick mit mitgebrachtem Kuchen und Tee veranstalten. So bekommen wir gleich einmal ein Gefühl für den Ort. Und was wir sehen und wahrnehmen, ist ganz nach unserem Geschmack. Das Rauschen des Windes in den Bäumen, das Klatschen der Wellen gegen das Floß und das viele Grün um uns herum, lassen uns sofort an- und zur Ruhe kommen. Und dieses wohlige Gefühl begleitet uns unseren gesamten Aufenthalt lang.
Tipps für das Floating Lodge Floß bei Fort Uitermeer
- Das Floß am Hafenausgang (in welchem wir genächtigt haben) und das Floß am Flussarm stehen sich im Bezug auf Lage und Ausstattung in nichts nach.
- Wer möchte, kann seinen Aufenthalt noch bequemer gestalten, indem er Bettwäsche, (Alternative: Doppelbettlaken, Kissenüberzug und Schlafsack mitbringen), einen Frühstückskorb oder ein Kanu dazu bestellt.
- Das Floß verfügt Standard über ein 2-Personen-Bett, für die 3. und 4. Person kann gegen einen kleinen Aufpreis (15,- € pro Person) eine Matratze zur Verfügung gestellt werden.
- Wer mit Kindern bucht, sollte sicherstellen, dass diese schwimmen können. Das Floß ist nicht gesichert und man kann leicht über den Rand fallen.
Essen im Paviljoen Uit & Meer
Es gibt wohl nur wenige Einkehrmöglichkeiten in den Niederlanden mit einer schöneren Lage: Paviljoen Uit & Meer grenzt direkt ans Ufer des Flusses Vecht mit Weitblick auf Boote und Kuhweiden. Zudem liegt das Fort Uitermeer auf der einen und der kleine Hafen, in dem die Flöße liegen, auf der anderen Seite des Restaurants. Wie so oft in den Niederlanden, ist die Karte klein, mit einer getrennten Mittag- und Abendkarte. Mittags stehen kleine Standard-Gerichte wie Burger, Suppe, belegte Broote und Salate auf der Karte, abends gibt es Vorspeisen, Hauptspeisen, Nachspeisen und große Salate. Was mich als Vegetarier besonders freut, ist, dass es vegetarische und auch vegane Gerichte gibt. Bei veganem Burger, Ravioli, Salat mit Ziegenkäse und Poke Bowl mit Tempeh kann man sogar wählen. Ich hatte die Poke Bowl und kann sie nur wärmstens empfehlen. Eine schön dekorierte, nette Einkehradresse. Die Tatsache, dass sie nur wenige Schritte von unserem Nachtlager entfernt ist, macht sie noch schöner.
Paviljoen Uit & Meer, Uitermeer 5, 1381 HP Weesp. Öffnungszeiten: Mo – Sa 11:00 – 21:00 Uhr, So 10:00 – 21:00 Uhr. Warme Küche bis 20:00 Uhr.
Aktivitäten rund um das Fort Uitermeer
Wandern rund um das Naardermeer (19,82 km)
Das Naardermeer, welches in der Nähe von Fort Uitermeer liegt, ist das älteste Naturmonument der Niederlande. Ein Grund, warum ihm auch eine eigene Wanderroute, die 19,82 km lange “Wandelroute Naardermeer” gewidmet wurde. Die abwechslungsreiche Route führt über größtenteils naturbelassene Wege über Kuhweiden, durch kleine Wälder und über schmale Holzstege durch Moore, vorbei an Bauernhöfen und Seen. Immer wieder erhält man dabei faszinierende Ausblicke auf das Naardermeer. Auf unserer Wanderung machen wir Bekanntschaft mit den schottischen Galloway Rindern, die im Naturgebiet rund um das Naardermeer frei leben und als natürliche Landschaftspfleger für eine artenreiche Flora sorgen. Auch eine Vielzahl Vögel, Schmetterlinge und Libellen entdecken wir unterwegs. Eine tolle Wanderung!
Tipps für die Wanderung rund um das Naardermeer
- Die 19,82 km lange Wanderung startet und endet beim Fort Uitermeer und ist mit blauen Pfeilen sowie gelben Pfosten von “Natuurmonumenten” markiert.
- Vor allem bei feuchtem Wetter sind wasserdichte Schuhe Pflicht, da der Weg oft durch hohes Gras führt.
- Wer die Route online nachvollziehen möchte (samt Tracking, wo man sich derzeit befindet), kann dies auf dieser Webseite tun.
- Idyllisch und lecker zugleich speist man ungefähr auf halber Strecke der Route (vom Fort Uitermeer aus gesehen) bei der “Gasterij Stadzigt”. Am Start- und Endpunkt der Route (am Fort Uitermeer) befindet sich “Paviljoen Uit & Meer”.
Kanutour entlang der schönsten Forts (22 km)
Wer lieber auf dem Wasser aktiv wird, der kann bei der Buchung einer Floating Lodge ein Kanu hinzubuchen. Die 22 km lange Kanuroute “Fortenroute” führt unter anderem am Muizenfort, Fort Ossenmarkt und der Vesting Naarden vorbei. Das Fort Uitermeer liegt auf der Route, daher kann man dort direkt einsteigen.
Tipps für die Fortenroute mit dem Kanu
Für die 22 km lange Kanuroute “Fortenroute” solltest Du etwa 7 Stunden einplanen. Die Route ist mit sechseckigen Schildern in beide Richtungen markiert.
Radfahren rund um Fort Uitermeer
Fort Uitermeer ist als sogenannter TOP (toeristische overstappunt) Startpunkt vieler Rad- und Wanderrouten. Über das einfache aber effektive Knotenpunktesystem kann man ganz einfach eigene Routen zusammenstellen und problemlos folgen, ohne nach der Planung jemals in die Karte schauen zu müssen.
Mögliche, bereits vorgefertigte Routen sind:
- Plassenroute (34 km)
- ’s-Gravelandse buitenplaatsen en Naardermeer route (29 km)
- Fortenlandroute (38 km)
- Vestingroute (45 km)
- Vechtroute (21 km)
- Muidenroute (28 km)
Um diese zu nutzen, schreibt man sich einfach die Knotenpunkte auf, denen sie folgen. Man folgt einer Zahl von einem bis zum nächsten Knotenpunkt. Zum Beispiel fährst Du bei meiner Route vom Knotenpunkt 59 aus immer den Schildern mit der Zahl 59 hinterher, bis Du beim Knotenpunkt 59 ankommst. Dort folgt man dann der Zahl 58 usw. Die Routen von Knotenpunkt zu Knotenpunkt sind deutlich ausgeschildert.
Fahrräder mieten kann man bei ALF tweewielers, Herensingel 316 in Weesp.
Wäre so eine Übernachtung auf dem Floß bei Fort Uitermeer auch etwas für Dich? Oder hast Du bereits einmal ähnlich toll übernachtet? Erzähl es mir!
Vielen Dank an Experience Waterland für die Einladung zu dieser Recherchereise. Meine Meinung und meine Begeisterung bleiben meine eigene.
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6 Antworten zu “Besonders übernachten auf dem Floß bei Fort Uitermeer in Holland”
Hallo Kerstin
Wow, so cool! Das ist wirklich mal eine spezielle Übernachtung. :) Da muss ich auch mal hin. Viele tolle Tipps!
Mein Highlight auf meiner Reise in den Niederlanden war die Insel Texel. Auch da gibt’s wunderschöne Radtouren entlang der Küste.
Herzliche Grüsse,
Maggie
Hallo Maggie,
freut mich, dass Dir mein Beitrag gefällt. Die Übernachtung auf dem Floß war echt etwas ganz besonderes, kann ich nur empfehlen!
Die Insel Texel ist auch wirklich ein tolles Fleckchen Holland! Wirklich wunderschön dort!
Viele Grüße,
Kerstin
Hallo,
Dies ist ein definitives MUST-DO auf meiner Liste.
Danke für den ausführlichen Artikel dazu.
Mit freundlichen Grüßen
Thomi B.
Hallo Thomi,
sehr schön, das freut mich sehr! Sehr gern geschehen!
Viele Grüße,
Kerstin
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