Obwohl ich mit Autos überhaupt nichts am Hut habe, geschweige denn eines besitze, gibt es doch dieses eine Auto, bei dem ich ins Schwärmen komme. Und ich bin nicht die Einzige! Von welchem ich rede? Einem alten VW Bulli! Wohl kein anderer Autotyp vereint Nostalgie, Abenteuer und ultimative Freiheit auf so wunderbare Art und Weise. Schon seit Ewigkeiten hegte ich den Traum, einmal einen Roadtrip mit einem Bulli zu machen.
Als Anfang März 2019 eine Kooperationsanfrage von “Rent a Bulli” in mein Postfach flatterte, hätte ich daher erfreuter nicht sein können. Nach einigen E-Mails und einem äußerst sympathischen Telefongespräch mit Felix Rascher, dem Besitzer von „Rent a Bulli“, war die Sache gebongt. Und so kam es, dass ich im Juni 2019 meinen ersten Bulli Roadtrip durch den schönen Osten Deutschlands antrat. Ziel unseres Roadtrips waren der Spreewald und der Fläming, zwei gleichermaßen spannende und doch so gegensätzliche Regionen.
Inhalt
Bulli mieten bei Rent a Bulli
An unserem Abfahrtstag Mitte Juni 2019 knackte das Thermometer die 30 Grad-Marke, was die Übernahme des Bullis im stickig-heißen Berlin zu einer schweißtreibenden Angelegenheit machte. Gleich mehrere alte VW Bullis reihten sich bei unserer Ankunft im Innenhof von Rent a Bulli und gaben ein nostalgisch-schönes Bild ab. Bei ihnen handelt es sich um VW T3 California / Atlantik mit Westfalia Ausstattung, die ungefähr zu Zeiten des Mauerfalls gebaut wurden. Neben diesen Oldies hat Felix auch moderne VW T6 California Ocean / Coast und VW Grand California 600 im Sortiment.
Da Felix noch mit der Übergabe eines anderen Campers beschäftigt war, vertieften wir uns erst einmal in das – wirklich schön und übersichtlich – gestaltete Handbuch. Als jemand, der kaum Auto fährt, graute es mir ein wenig davor, was bei so einem Oldie alles zu beachten ist. Diese Angst wurde mir aber bereits wenig später durch die ausführliche Erläuterung und ruhige Art von Felix genommen. Felix hat sich mit “Rent a Bulli” seine Leidenschaft für die alten Gefährte zum Beruf gemacht und kennt diese in- und auswendig. Auch eine extra lange gemeinsame Probefahrt ließ er sich nicht nehmen und unterstützte mich geduldig mit Rat und Tat. Denn das Fahren eines Bullis ist nicht ganz ohne. Wie ein etwas in die Jahre gekommenes Schiff dröhnt und wackelt er, das Anfahren erfordert Geduld, das Schalten Fingerspitzengefühl und beim um die Ecke fahren muss man einen riesigen Bogen einschlagen. Und bei 90 km/h ist Schluss (etwas schneller geht schon aber sollen wir nicht, sagt Felix). Entschleunigung ist also angesagt, im wahrsten Sinne des Wortes.
Obwohl die ersten Kilometer durchs Berliner Straßengewirr Nervenkitzel pur bedeuteten und ich mich erst einmal an das neue Fahrgefühl gewöhnen musste, stellte sich nach einer Weile doch eine gewisse Sicherheit und Routine ein. Ich begann die Fahrt und diese Art des Reisens zu genießen. Bereits am ersten Abend, als wir den Bulli auf unserem ersten Stellplatz abstellten und unsere Campingstühle aufbauten, kam dann auch das Bulli-Gefühl eingeschlichen. Das von Nostalgie, Freiheit und Abenteuer.
Landvergnügen – kostenlose Stellplätze auf Bauernhöfen
Frei stehen ist natürlich das ultimative Campingglück. Dies ist aber nicht überall gestattet. Landvergnügen schafft da Abhilfe. Mit der einmal pro Jahr zu erwerbenden Vignette haben Camper deutschlandweit nicht nur die Wahl zwischen tollen Stellplätzen im Grünen, sondern können sich nebenbei auch noch den Traum vom Landleben erfüllen. Denn die Stellplätze befinden sich auf Bauernhöfen. Insgesamt 828 Adressen für Wohnmobile, Wohnwagen oder Campingbusse enthält der Landvergnügen-Stellplatzführer. Das System ist denkbar einfach wie gut: Man sucht sich eine Übernachtungsadresse aus, ruft maximal 24 Stunden vorher dort an und steht jeweils eine Nacht gratis. Die Bauernhöfe haben meist einen eigenen Hofladen und profitieren vom Verkauf dessen Produkte an die Camper. Bei kleinen Betrieben wird zudem auch der persönliche Kontakt zu den Camper geschätzt.
Das Landvergnügen-Konzept war mir schon lange bekannt und ich wollte es unbedingt einmal selbst ausprobieren. Während unserem Roadtrip haben wir an drei verschiedenen Adressen übernachtet, die unterschiedlicher nicht hätten sein können: Unsere erste Übernachtung war auf einem kleinen Bauernhof mit Hundezucht, wo wir nach der persönlichen Rundführung und Kuschelrunde mit den Welpen auf der ehemaligen Pferdekoppel übernachteten. Die zweite Nacht verbrachten wir auf einem Großbauernhof, bei dem keinerlei persönlicher Kontakt zustande kam und der Stellplatz ein Parkplatz entlang der Straße war. Die letzte Nacht schliefen wir auf dem wunderschönen Waldgrundstück eines Bauernhofs mit Seeblick, nachdem wir uns vorab mit Leckereien aus dem Hofladen eingedeckt hatten.
Mein Fazit: Generell bekommt Landvergnügen von mir einen großen Daumen hoch. Was ich im Stellplatzführer allerdings vermisste, war die Beschreibung des Stellplatzes selbst. Lediglich der Bauernhof war beschrieben und vermittelte nicht wirklich ein Bild dessen, was man dann erwarten konnte. Für den Parkplatz an der Straße hätte ich mich wahrscheinlich nicht entschieden und der Zugang zur Pferdekoppel war so schmal, dass er für größere Camper als unseren unmöglich gewesen wäre.
Bulli Roadtrip: Route durch den Fläming und Spreewald
TAG 01 | Camperübernahme in Berlin
TAG 02 | Bunkertour & Bücherstadt Wünsdorf, Fläming
TAG 03 | Draisinenfahrt entlang verlassener Gleise von Zossen nach Sperenberg, Fläming
TAG 04 | Künstlerdorf Glashütte und Bahnhof Klasdorf, Fläming
TAG 05 | Lehde, Freilichtmuseum und Mondscheinkahnfahrt, Spreewald
TAG 06 | Gurkenradtour durch den Spreewald
TAG 07 | Kanutour durch den Spreewald
TAG 08 | Camperrückgabe in Berlin
AUSFLUGSZIELE IM FLÄMING
Wer meinen Blog schon eine Weile verfolgt, der weiß, dass ich bereits bei meinen Aufenthalten im September 2017 und im Juli 2018 mein Herz an den Fläming, eine recht unbekannte Region südlich von Berlin, verloren habe.
Wie der Name bereits verrät, haben die Flamen, die vor 850 Jahren hierher umsiedelten, die Region entscheidend beeinflusst und geprägt. Sie waren es, die das Land landwirtschaftlich nutzbar machten und mit ihrem Ideenreichtum den Grundstein für das kulturelle Erbe legten. Was bis heute geblieben ist, sind die Ideen. Ich kenne keine andere Region, die so viele innovative Projekte mit Herzblut zutage bringt. Auch die spannende Geschichte – von der unter anderem die vielen Lost Places zeugen – ist hier vielerorts erlebbar. Und das ganz ohne Menschenmassen. Denn die meisten Touristen lassen den Fläming links liegen und machen lieber im nahegelegenen Spreewald Urlaub. Ein Grund mehr für mich, noch einmal hierher zurück zu kommen.
Wünsdorf – Wo Militärgeschichte auf Bücher trifft
Es gibt wohl kaum einen Ort in Deutschland, der historisch so wichtig und dennoch so unscheinbar ist wie das mitten im Wald gelegene Wünsdorf. Und doch spielte es als Militärstützpunkt sowohl im Ersten Weltkrieg, während des Nationalsozialismus als auch für die Sowjetarmee eine entscheidende Rolle.
Wünsdorf zu Zeiten des Kaiserreichs und des Ersten Weltkrieges
Bereits ab 1872 diente Wünsdorf als größter Schieß- und Versuchsplatz Preußens, später kamen Truppenübungsplätze für das damalige Deutsche Kaiserreich und eine Militärsportschule dazu. Während des Ersten Weltkriegs wurde in Wünsdorf zudem das „Halbmondlager“ gebaut, ein Lager für 30.000 vorwiegend muslimische Kriegsgefangene, die davon überzeugt werden sollten, an deutscher Seite zu kämpfen.
Wünsdorf unter den Nationalsozialisten
Unter den Nationalsozialisten wuchs die militärische Bedeutung Wünsdorfs weiter, denn von hier aus wurde der Zweite Weltkrieg gesteuert. Die bestehenden Gebäude wurden innerhalb von 2,5 Jahren durch zwei enorme Bunkeranlagen erweitert, welche überirdisch gut getarnt als kleine, unscheinbare Häuschen unter den Namen „Zeppelin“ und „Maybach“ als Hauptquartier des Oberkommandos des Deutschen Heeres dienten. Auch Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg war hier zeitweise stationiert. Die Entscheidungen und Befehle, die in „Maybach“ getroffen und von „Zeppelin“ durchgegeben wurden, kosteten letztlich 50 Millionen Menschen das Leben.
Wünsdorf unter der Roten Armee
Nach dem Zweiten Weltkrieg besetzte die Rote Armee Wünsdorf mit all seinen Militäranlagen. Obwohl die vier Alliierten beschlossen hatten, die Bunkeranlagen zu sprengen, scheiterten die Versuche dazu – Beweis der unzerstörbaren Bauweise. Unter der Roten Armee wurde Wünsdorf zum Oberkommando der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland und größten Garnison außerhalb der Sowjetunion, welche 500 000 sowjetische Soldaten in der DDR verwaltete. Die komplett autark funktionierende, 600 Hektar große Stadt mit eigener Infrastruktur und bis zu 70 000 Russen war für DDR-Bürger verbotenes Terrain, daher auch der Beiname „Verbotene Stadt Wünsdorf“. Später wurde hier die Nachrichtenzentrale Ranet eingerichtet, welche Kontakt zu allen Standorten der Roten Armee im sowjetischen Einflussbereich unterhielt. Auch eine direkte, täglich verkehrende Zugverbindung nach Moskau gab es. Erst im Jahr 1994 wurden die Russen hier abgezogen.
Heute: Bücherstadt Wünsdorf
Nach über 100 Jahren Militärgeschichte fand Wünsdorf 1998 seine heutige, friedliche Verwendung als Bücherstadt nach englischem Vorbild, mit verschiedenen Antiquariaten und Bücherläden, die zusammen über 350 000 Bücher beherbergen. Ein Paradies für Leseratten!
Bunkertour in Wünsdorf
Das Gefühl einer verbotenen Stadt, zu der nur Priviligierten (in diesem Falle zahlenden Gästen) Zutritt gewährt wird, kommt auch heute noch auf bei einer Führung durch die Bunkeranlangen. Hohe, mit Stacheldraht versehene Tore verschließen den Zugang zum Gelände und sind nur mit Schlüssel passierbar. Der Grund für diese Absperrung ist heute jedoch ein anderer wie früher: In den Gebäuden und im Boden kann nach wie vor Munition lauern, zudem soll das Gelände von Vandalismus verschont bleiben. Bevor es unter die Erde geht, führt unser Weg vorbei an den bizarr durch die versuchten Sprengungen der Roten Armee verformten, gigantischen Resten der Bunkeranlagen. Die Natur geht unbekümmert ihres Ganges und hat Teile der Bunkeranlagen bereits überwuchert. Begleitet von Erzählungen und Fakten geht es hinab in die Bunker, die dreistöckig 14 bis 20 m unter der Erde liegen. Zwischen Bunker und Erdoberfläche liegen 3 m Stahlbeton, 2 m Sand zum Dämmen, 1m Stahlbetonplatte und 4-9 m Erde. Hermetisch abriegelbar und nur über Schleusen betretbar, herrschen hier konstant kühle 10 Grad, tiefe Dunkelheit und jeder Schritt hallt. Dies war nicht immer so. Zu Betriebszeiten waren hier mehrere hunderte Menschen gleichzeitig damit beschäftigt, den Funkverkehr zu allen deutschen Frontabschnitten herzustellen. Elektrik und Körperwärme sorgten für eine Temperatur von 25 Grad. Davon ist heute leider nur noch wenig zu sehen, die meiste Einrichtung der Bunker wurde nach dem Abzug der Russen weggeworfen. Was bleibt, sind die Ruinen der Bunker und die Geschichten, die zum Nachdenken anregen und als Mahnmal dafür dienen, dass es soweit nie wieder kommen sollte.
Mit der Draisine ab Zossen auf verlassenen Gleisen
Einst für das preußische Heer als “Königlich Preußische Militäreisenbahn” zwischen Kummersdorf und Berlin angelegt, später als Strecke für Schnellfahrversuche (1903 wurde hier sogar ein neuer Weltrekord aufgestellt mit 210,2 km/h) und heute als Freizeitstrecke für Draisinen genutzt. Die Schienen rund um Zossen haben schon einiges gesehen. Umso schöner, dass derart geschichtsträchtige Gleise noch heute befahren werden. Bereits seit 2007 bietet die Erlebnisbahn auf der Teilstrecke Zossen–Jänickendorf Draisinenfahrten verschiedenen Kalibers und Tourenlänge an. Der Klassiker ist die Fahrraddraisine für 4 Personen, bei denen 2 in die Pedale treten und 2 die Fahrt genießen. Darüber hinaus können kleine und große Hebeldraisinen, Vereinsdraisinen oder sogar Elektrodraisinen ausgeliehen werden. Abwechslung unterwegs bieten nicht nur die Landschaft des Baruther Urstromtals und die Schranken, die von Hand bedient werden müssen, sondern auch die Bahnhöfe entlang der Strecke.
Erlebnisbahnhof Mellensee
Denn die Fahrt führt entlang von ehemaligen Bahnhöfen, die allesamt eine neue, tolle Verwendung gefunden haben. Erster Stopp ist der Erlebnisbahnhof Mellensee, welcher über eine 18-Loch Minigolfanlage, einen Biergarten und eine Erfrischungshalle verfügt und von der Erlebnisbahn betrieben wird.
Bahnhof Rehagen
Der Bahnhof Rehagen befindet sich seit 2010 im Besitz des deutsch-französischen Ehepaars Manja & Christophe Boyer, welche mit dem Ziel, hier einen Ort der Begegnung zu schaffen, an dem Kultur und kulinarischer Genuss zusammenkommen. Inzwischen ist unter ihren fleißigen Händen nicht nur ein deutsch-französisches Restaurant, welches auch als Eventlocation dient, entstanden, sondern auch ein Schlafwagenhotel. Insgesamt drei Bahnwagons, 2 davon 1989 in der DDR für die Transsibirische Eisenbahn produziert aber nie ausgeliefert, der andere eine “Donnerbüchse” aus den 1930er Jahren, laden auf den Abstellgleisen vor dem Bahnhof zum besonderen Schlafvergnügen ein. Diese sind übrigens nicht der einzige Hingucker im Bahnhof Rehagen: In weiß steht “Le Bourget” auf der Brücke beim Bahnhof gesprüht. Eine Erinnerung daran, dass der Bahnhof bereits als Filmset dienen durfte. In “Monuments Men” unter der Regie von George Clooney wurde der beschauliche Bahnhof von Rehagen kurzerhand zu dem vom Pariser Vorort “Le Bourget”.
Weiterlesen: Wie sich eine Nacht im Schlafwagenabteil im Bahnhof Rehagen anfühlt, habe ich im Artikel „Leidenschaft trifft Kreativität: Das perfekte Wochenende im Fläming“ berichtet. |
Bahnhof Sperenberg
Auch am Bahnhof Sperenberg geht es international zu: Das niederländische Besitzerehepaar Ine und Wouter Spruit hat sich ganz der bildenden Kunst verschrieben. Eine Tatsache, die ihrem Bahnhof auch den Namen “Bildbauerbahnhof” verliehen hat. Seit 2011 gehen Sie hier nicht nur ihren eigenen Kunstprojekten nach, sondern bieten auch ein- bis mehrtägige Bildhauerkurse an, stellen ihre Werke und die von Freunden aus in ihrer eigenen Galerie, verkaufen Bildhauerbedarf (vom Werkzeug bis zum Stein) direkt und online und bieten Ferienunterkünfte an. Im Obergeschoss des Bahnhofs, in den ehemaligen Mannschaftsunterkünften des dort stationierten preußischen Heeres, haben die beiden zwei schöne Gästezimmer geschaffen, die für 1-3 Personen gebucht werden können. Wer es lieber etwas ausgefallener mag, der kann sich zwischen dem auf dem 7.000 Quadratmeter großen Skulpturengarten befindlichen Gerberhäuschen oder den beiden hölzernen Campinghäuschen entscheiden. Auch das eigene Zelt darf aufgeschlagen werden. Um die persönliche Atmosphäre zu wahren, erlauben die Spruits aber maximal 4 Zelte gleichzeitig. Ihre niederländische Heimat vermissen die beiden kaum, erzählen sie, sie fühlen sich im beschaulichen Sperenberg inzwischen pudelwohl. Und das merkt man. Die beiden strahlen eine Zufriedenheit aus, die man nur fühlt, wenn man wirklich angekommen ist.
Anstatt unsere Fahrt weiter Richtung Jänickendorf fortzusetzen, entscheiden wir uns aufgrund der warmen Temperaturen, mit der Draisine zum Strandbad Sperenberg zu fahren. Dieses stellt sich als dörfliches Strandbad mit Verkaufsstand und einem Hauch Ostcharme heraus. Perfekt für eine Abkühlung und ein Picknick bevor es wieder zurück geht!
Baruther Museumsdorf Glashütte & Klasdorf
Künstlerdorf Glashütte
Kunst trifft Geschichte: Glashütte ist ein ehemaliges Glasbläserdorf in Baruth/ Mark, das zwischen 1716 und 1980 der größter Glaserzeuger in der Provinz Brandenburg war. Zu Spitzenzeiten wurden hier monatlich 25.000 Lampenschirme produziert bis 1980 schließlich Schluß war. Aufgrund von technischen Mängeln und Baufälligkeit musste die Glashütte am 30. September endgültig ihre Türen schließen. Das ist jedoch noch nicht das Ende der Geschichte: Unter dem Namen “Baruther Museumsdorf Glashütte” bildet das Dorf heute eine tolle Symbiose aus erzählter Geschichte im Museum und gelebter (Glasbläser)-Kunst in den alten Arbeiterwohnungen. Da ich dort bereits 2017 war, möchte ich an dieser Stelle auf meinen bereits erschienenen Beitrag zu meinem Rundgang durch das Künstlerdorf Glashütte verweisen.
Einkehrtipp: Bahnhof Klasdorf
Aufgrund der Öffnungszeiten klappte es für uns erst im zweiten Anlauf mit einem Besuch des denkmalgeschützten Bahnhofs Klasdorf aus dem Jahr 1907. Die Räumlichkeiten, welche Zugreisenden in Richtung Berlin oder Dresden früher während der Wartezeit ein Dach über dem Kopf gewährten, werden heute als Bahnhof-Café genutzt. Fünfmal täglich stoppt der Regionalexpress noch heute am Bahnhof und bringt einen Schwung hungriger Reisender mit, welche hier am Wochenende ihren Appetit auf hausgemachten Kuchen, Eis, Suppe oder Stullen stillen können. Der Besitzerin Katharina Schicke ist ihre Liebe zum historischen Gemäuer des Bahnhofs deutlich anzumerken. Auch Veranstaltungen finden hier regelmäßig statt. Neben dem Café-Betrieb beherbergt der alte Bahnhof heutzutage drei Ferienwohnungen für 3, 4 und 5 Personen.
AUSFLUGSZIELE IM SPREEWALD
Glaubt man den Sagen, so wurde diese einzigartige Landschaft vom Teufel persönlich geschaffen. Wie auch immer der Ursprung, eine Reise in den Spreewald gleicht einer Reise in eine andere Welt. Einer Welt voller Sagen und mystischer Gestalten, die aus den Erzählungen des slawischen Volkes der Sorben und Wenden entsprungen sind. Eine Welt, die es weit ab von lärmigen Großstädten und moderner Hektik geschafft hat, sich etwas Ursprüngliches, Authentisches zu bewahren und bis heute stolz an ihren zahlreichen Bräuchen und ihrer eigenen Sprache festhält.
Zugleich ist der Spreewald ein seit 1991 als UNESCO Biosphärenreservat anerkanntes Naturparadies mit einem feinen Netz an Kanälen (auch Fließe genannt), welches vielen seltenen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum bietet.
Darüber hinaus ist der Spreewald eine touristische Vorbildregion mit langer Geschichte. Schon Theodor Fontane war bei seinem Besuch im Spreewald 1859 so hingerissen, dass er seiner Begeisterung in den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ schriftlich Ausdruck verlieh. Heutzutage weiß der Spreewald saisonal unabhängig mit über 200 Veranstaltungen die Besucher zu sich zu locken, sei es nun zu den Spreewälder Gurkentagen oder der Spreewaldweihnacht. Genügend Gründe also, warum sich ein Besuch des Spreewaldes definitiv lohnt!
Lehde
In Lehde hat man das Gefühl, den Spreewald wie anno dazumal zu erleben. Über Jahrhunderte war das Inseldorf lediglich mit dem Spreewaldkahn erreichbar, erst 1929 wurde eine Landverbindung zum benachbarten Lübbenau gebaut. Dies kam eindeutig der Bewahrung Lehdes in weitestgehend ursprünglichem Zustand zugute. Auch heute noch hat man das Gefühl, dass die Uhren hier in Lehde langsamer ticken. Blumenüberzogene Gärten schmiegen sich an malerische Holzhäuschen, am hauseigenen Bootsanleger dümpelt ein Spreewaldkahn und über allem liegt eine wunderbare Ruhe. Verkehrslärm ist hier in Lehde nämlich weit zu suchen, denn viele Häuser sind auch heute noch nicht auf dem direkten Landweg erreichbar. Stattdessen bahnen sich Kähne und Kanus ihren Weg durch die Fließe. Was anderswo undenkbar ist, ist hier noch Realität: In Lehde kommt sogar noch die Müllabfuhr und die Post mit dem Kahn.
Freilandmuseum in Lehde
Das Waschbrett lehnt im Zuber mit Waschwasser während die frisch gescheuerte Wäsche an der Leine flattert. Im Heuschober faulenzt eine Familie im Heu während vor einem der Bauernhäuser eine Frau in Kleid und Schürze einen Kranz aus Kräutern flechtet. Kaum irgendwo taucht man so lebendig ins 19. Jahrhundert ein wie im Freilandmuseum in Lehde, dem 1957 eröffneten und somit ältesten Freilandmuseum Brandenburgs.
Vier original erhaltene, detailgetreu eingerichtete Hofanlagen, zusammengetragen aus verschiedenen Teilen des Spreewaldes, bilden hierfür die perfekte Kulisse und gewähren einen einmaligen, anschaulichen Einblick in die Lebensweise und Kultur der sorbischen Spreewaldbauern. Diese dem slawischen Volk angehörige Gruppe fand im 6. Jahrhundert im Zuge einer Völkerwanderung ihren Weg in den Spreewald. Fasziniert lassen wir uns über die ganz eigenen Traditionen der Sorben aufklären: Jeder Lebensphase erforderte eine Tracht in einer anderen Farbe, an Weihnachten kommt das Bescherkind, an Ostern werden prachtvolle und symbolträchtige Ostereiern angefertigt und die Haube der traditionellen Tracht wird mit Pappe ausgesteift.
Das Leben am Spreewaldfließ forderte ein Umdenken von der Norm und angepasste Arbeitsweisen während die Abgeschiedenheit von der Außenwelt dafür sorgte, dass Traditionen, Gemeinschaft und Religion hier besonderen Wert erlangten. Der Spreewaldkahn war überlebenswichtig und wurde zum Transport von Menschen, Waren und Tieren gleichermaßen eingesetzt. Aus diesem Grund war der Kahnbauer unentbehrlich und geschätzt. Aufgrund der allgegenwärtigen Angst vor einem Brand der Holzhäuser hatten der Nachtwächter und die Feuerwehr – natürlich ebenfalls zu Kahn unterwegs – eine besonders wichtige Stellung. Einen Besuch des Freilandmuseums in Lehde kann ich jedem nur ans Herz legen. Besonders die Führungen und die Erlebnisplätze machen Geschichte und Traditionen greifbar.
Einkehrtipp: Kaupen No. 6
Das Wort Kaupen ist abgeleitet vom sorbischen “kupa” für Insel. Und auf eben solch einer ist die Gaststätte Kaupen No. 6 gelegen. Erst seit dem Jahr 2000 ist der Zugang zur Lokalität auch über einen schmalen Fußweg möglich, vorher war diese lediglich über den Wasserweg erreichbar. Im Gemäuer eines ehemaligen Bauernhauses aus dem 19. Jahrhundert sowie auf der lauschigen Gartenterrasse werden original Spreewälder Spezialitäten serviert. Wer Kartoffeln mit Leinöl und Quark, Spreewälder Fischsuppe, Rindfleisch in Meerrettichsoße und natürlich die süßen Hefeplinse probieren möchte, ist hier an der richtigen Adresse. In der Gaststube ist zudem noch ein Relikt aus früheren Zeiten erhalten: Eine “Kochmaschine”, ein Kachelofen mit Herdteil. Dieser kommt auf Vorbestellung und an den Adventswochenenden noch heute zum Einsatz. Durch den Bootsanleger eignet sich die Gaststätte auch sehr gut als Zwischenstopp bei einer Kanutour.
Mondscheinkahnfahrt in Burg
Ruhig und beschaulich geht es in den Abendstunden zu am Spreehafen in Burg als wir um 20:00 Uhr dort ankommen. Lediglich die Größe des Hafens lässt darauf schließen, was für ein Getummel hier tagsüber herrschen muss. Da wir dem Haupttouristenstrom entgehen aber trotzdem eine Fahrt im Spreewaldkahn unternehmen wollten, entschieden wir uns für eine ruhige, abendliche Kahntour zur Dämmerung. In den Sommermonaten werden neben diesen “Mondscheinkahnfahrten” auch “Guten Morgen Kahnfahrten” angeboten. Beobachten wie die letzten bzw. ersten Sonnenstrahlen alles in ein warmes Licht tauchen, wie die Natur und ihre Bewohner zur Ruhe kommt oder erwacht.
Eingedeckt mit Getränken verlassen wir beim letzten Sonnenlicht den Spreewaldhafen. Schon bald verstummen die anfänglichen Gespräche und lediglich das Geräusch des ins Wasser gleitenden Rudels (die Stange, mit dem die Fährleute den Spreewaldkahn vom Fließboden abstoßen und lenken) durchbricht die Stille. Die im Dämmerlicht geheimnisvoll anmutende Natur am Fließufer sorgt in Kombination mit dem Kerzenschein unserer Laternen für eine ganz besondere Atmosphäre.
Plötzlich hören wir rechts von uns ein Platschen im Wasser – ein Nutria, eine Biberratte ist auf Futtersuche am Fließufer. Nachdem wir bei unserem Wendepunkt angekommen sind löscht unser Fährmann das Licht an der Vorderseite des Kahns und wir gleiten in vollkommener Dunkelheit zurück. Ab und zu lugt der hell scheinende Mond durch die Blätter der Bäume und nach einer Weile gesellen sich einige Glühwürmchen zu uns. Ein Tagesabschluss der besonderen Art!
Kanufahren im Fließlabyrinth des Spreewaldes
Der Natur ganz nah kommt man auf einer Kanu- oder Kajaktour auf den verschlungenen Wasserstraßen des Spreewaldes. Diese kann man entweder individuell, mit einer der Ausleihzeit angepassten Route, oder über eine geführte Spreewaldsafari mit einem Ranger unternehmen. Unterwegs mit dem Ranger erfährt man nicht nur Hintergründe zum Spreewald sondern auch zu dessen Flora und Fauna. Auf individueller Tour kann man die magische Atmosphäre ungestört in sich aufnehmen und selbst über Route und Pausen entscheiden.
Wir sind auf eigene Faust losgezogen und haben uns mithilfe einer vom Kanuverleih ausgehändigten Karte unseren Weg durch das Fließlabyrinth gebahnt. Eine Tour, bei der wir die verschiedenen Facetten des Spreewaldes in all ihrer Pracht erlebten. Mal waren die Kanäle breit und gut frequentiert. Dann waren die Fließe wieder schmal und einsam und wir gaben uns ungestört dem Gezwitscher der Vögel und dem Rauschen der Bäume hin. Die wunderschöne Natur, das Spiel von Sonne und Wasser und der Anblick der vielen Libellen ließen uns schnell alles Zeitgefühl verlieren und ganz den Moment auskosten. Unser Pausenziel zum Mittag bildete das urige, auf einer Erleninsel mitten in der Natur gelegene Traditionsgasthaus Wotschofska aus 1894, welches nur zu Fuß oder zu Wasser erreichbar ist und typische Spreewaldgerichte auftischt.
Unser Rückweg führte durch das malerische Lehde, welches wir bereits von der Landseite aus kennengelernt hatten aber nun, vom Wasser aus, aus einer komplett anderen Perspektive erlebten. Wir bewunderten die hübschen Holzhäuser, die gepflegten Gärten und die unverfälschte Idylle. Auch der bereits vorher besuchte Kaupen No. 6 lag auf unserer Strecke und bildete den perfekten Kaffeestop. Im warmen Nachmittagslicht bahnten wir uns die letzten Weg zurück zu unserem Kanuanbieter und waren uns einig: Die Kanutour war unser persönliches Spreewald-Highlight!
Spreewald-Radtour – Immer der Gurke nach
Eine glücklich radelnde Gurke auf gelbem Grund bildet den Wegweiser des schönsten Radweges durch das UNESCO-Biosphärenreservat Spreewald, den Gurkenradweg. Und wie könnte es auch anders sein? Schließlich ist kaum ein Produkt so eng mit der Region verbunden wie ihr Nummer 1 Exportschlager. Interessanterweise fanden die Gurkensamen erst durch flämische Tuchmacher ihren Weg in den Spreewald, dessen humusreicher Boden, Wasserverhältnisse und Sonnenstunden sich perfekt für den Anbau eignete. Das Einlegen der Gurken in Essig resultierte dann aus dem Wunsch heraus, diese haltbar zu machen. Der Rest ist Geschichte!
Der Gurkenradweg (260 km unterteilt in 6 Etappen)
Heute führt der Gurkenradweg auf 260 km und 8 Etappen durch den Spreewald, vorbei an malerischen Fließen, romantischen Dörfern, Gurkenfeldern und unberührten Auenlandschaft. Wer den kompletten Gurkenradweg abfahren möchte, sollte mindestens 5 bis 6 Tage einplanen, ansonsten empfiehlt es sich, verschiedene Etappen bei einer Sternentour miteinander zu verbinden. Aufgrund seiner geringen Steigung ist der Gurkenradweg für jede Altersklasse zu empfehlen. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten unterwegs laden zum Zwischenstopp und Gasthäuser zur Verkostung von Spreewälder Spezialitäten vom Hefeplins über Fisch bis zu Pellkartoffeln mit Leinöl und Quark ein.
Lübbenauer Gurkentour (32 km)
Wer lediglich eine eintägige Radtour durch den Spreewald unternehmen möchte, dem empfehle ich die 32 km lange Lübbenauer Gurkentour. Diese kann in der Sommersaison entweder als geführte, siebenstündige Radtour oder auf eigene Faust unternommen werden. Entlang einer landschaftlich reizvollen Route verfolgt die Radtour den Weg der berühmten Spreewaldgurke vom Feld bis ins Gurkenglas. Unterwegs liegen nicht nur die Lübbenauer Gurkenmeile, eine Gurkeneinlegerei und das Gurkenmuseum sondern auch kulturelle Höhepunkte wie die Slawenburg Raddusch oder das malerische Spreewaldörtchen Lehde. Vorteil der geführten Tour: Ein regionskundiger Radwanderführer bringt unterwegs nicht nur Wissenswertes und Geschichte rund um die Gurke näher, sondern ermöglicht auch die Betriebsführung durch eine Gurkeneinlegerei mit anschließender Verkostung.
Wer sich unterwegs mit Gurken eindecken will, macht Halt bei einem der vielen Hofläden, bei denen häufig auch andere lokale Köstlichkeiten wie Leinöl, Honig, Marmeladen, Gemüse, Molkereiprodukte und Fleischwaren zum Verkauf stehen. Während der Gurkenerntezeit findet 3 Mal wöchentlich eine Werksführung beim Gurkeneinleger Spreewaldrabe in Boblitz statt.
Noch mehr Inspiration?
Du suchst noch mehr Ideen für spannende Ausflüge und Erlebnisse im Spreewald und Fläming? Dann kann ich Dir 52 kleine & große Eskapaden Fläming, Niederlausitz und Spreewald* empfehlen: 52 besondere Auszeiten im Grünen, unterteilt in Halbtages-, Tages- und Wochendausflüge für jeden Typ, jedes Alter, jeden Geldbeutel und jede Jahreszeit. Geschrieben von zwei tollen Bloggerkolleginnen. Ab nach draußen!
Offenlegung: Für diesen unvergesslichen Bulli Roadtrip wurde mir der VW Bus von Rent a Bulli zur Verfügung gestellt. Meine Meinung und Begeisterung bleiben meine eigene.
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Na, hab ich Dir Lust gemacht auf einen Bulli Roadtrip im Spreewald & Fläming? Oder warst Du schon einmal vor Ort? Erzähl es mir in den Kommentaren!
8 Antworten zu “Bulli Roadtrip im Spreewald & Fläming: Route, Tipps & Ausflugsziele”
Liebe Kerstin,
Vielen Dank für deinen super ausführlichen Bericht mit so wunderschönen Bildern
Im September werde ich sicherlich einige Spreewald Tipps umsetzen.
Liebe Grüße
Moni
Liebe Moni!
Vielen lieben Dank für Dein Kompliment, das freut mich wirklich sehr! :)
Wie schön, dass Du im September den Spreewald anfährst! Als Teil Deiner Polen-Reise?
Liebe Grüße,
Kerstin
Wir glauben das war ein wunderschöner Urlaub ;)
Lieber Christian,
das war es definitiv! Kann ich echt empfehlen, vor allem mit einem Bulli! :)
Viele Grüße, bleibt gesund und alles Gute für den Endspurt!
Kerstin
Wow, für den Bericht und die Fotos musst du ja gefühlte Monate unterwegs gewesen sein. Du hast alles sehr detailreich und liebevoll beschrieben, Chapeau. Der Spreewald steht devinitiv noch auf meiner ToDo-Liste. Und ganz nebenbei, der Bulli hat eine tolle Autonummer „B-US…“ ;-)
Dir noch eine spannende Reisezeit.
Schöne Grüße
Uwe
Hallo Uwe!
Tatsächlich war ich nur eine Woche vor Ort aber habe tatsächlich sehr lange am Artikel gesessen. Freut mich, dass sich meine Mühe gelohnt hat! :)
Den Spreewald solltest Du Dir dringend besuchen, es ist echt wunderschön dort! Wünsche Dir ebenfalls tolle Reisen!
Viele Grüße,
Kerstin
Hallo Kerstin und vielen Dank für deinen Artikel zum Bulli Roadtrip im Spreewald. Mein Freund und ich möchten für den Sommerurlaub einen Caravan mieten, aber wir haben noch kein festes Reiseziel. Im Spreewald war ich noch nie und deine Bilder sehen wunderschön aus.
Hallo Anja,
das freut mich sehr zu hören! Die Regionen Spreewald und Fläming kann ich nur wärmstens empfehlen.
Viel Spaß Euch!
Viele Grüße, Kerstin