Buzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFO

Buzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFO

„Solange Ihr hier seid, müsst Ihr unbedingt das UFO besichtigen!“ so der einstimmige Rat unserer Hostelmitbewohner, die uns direkt nach unserer späten Ankunft in Veliko Tarnovo mit ins bulgarische Nachtleben schleppen. UFO??! Wir verstehen nur Bahnhof.

Was ist das UFO?

Die Sprache ist vom Buzludzha Monument (auch Busludscha oder Buzludja Monument genannt), das dank seiner Erscheinungsform auch den Spitznamen UFO trägt. Dabei handelt es sich um das größte ideologisch motivierte Denkmal Bulgariens, welches gleichzeitig auch als Hauptquartier der Kommunistischen Partei diente. Dieses wurde genau an der Stelle auf dem 1441m hohen Berggipfel des Chadschi Dimitar errichtet an der 1868 der Rebellenführer Chadschi Dimitar gegen die Osmanen kämpfte und 1891 die ersten geheimen Treffen bulgarischer Sozialisten stattfanden. Die Einweihung erfolgte 1981 zur 1300-Jahr-Feier der bulgarischen Staatsgründung und zum Gedenken der Befreiung von osmanischer Herrschaft 1878 und dem Sieg gegen Hitlers faschistisches Regime im Jahre 1944.

Buzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFO
Das Buzludzha Monument in seiner vollen Pracht

Buzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFO

Der Bau des „Heimdenkmal der Bulgarischen Kommunistischen Partei Bulgariens“, so der offizielle Name, kostete 7 Jahre und 16 Millionen bulgarische Leva, was umgerechnet etwa 8,2 Millionen Euro entspricht (ein damaliges Monatsgehalt betrug etwa 130 Leva). Die besten bulgarischen Künstler arbeiteten am Design der Wandgestaltung, nur die hochwertigsten Baumaterialen wurden aus aller Welt herangetragen und beim Bau verwendet und Tausende von „Freiwilligen“ waren am Bauprozess beteiligt. Der sowjetische Stern, welcher den 70 m hohen Turm von Buzludzha ziert ist dreimal größer als der des Kremlins. Zum seinem Höhepunkt zählte Buzludzha zu den bedeutsamsten Symbole der kommunistischen Welt.

Wer sich fragt, warum genau diese Erscheinungsform gewählt wurde, dem sei verraten: Das runde, UFO-artige Gebäude stellt einen Kranz dar, der auf dem Berggipfel liegt. Der Turm wiederum soll einen Fahnenmast mit einer Sternflagge symbolisieren.

Nach dem Fall des sozialistischen Regimes im Jahre 1989 fiel das Monument großflächigem Vandalismus und Zerstörungswut zum Opfer und verfällt seither zusehends. Leider zeigt der Staat am Erhalt des Denkmals keinerlei Interesse.

Offenlegung: Bei unserem Besuch 2012 bot sich uns die einmalige Chance, das Buzludzha Monument von Innen zu besichtigen. Dies ist seit spätestens 2019 nicht mehr möglich. Umso dankbarer bin ich über unser Erlebnis!

Buzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFO
Das stark verwüstete Auditorium. Nur noch schwer kann man sich vorstellen, dass hier einmal alles aus Marmor war.

Ein Ausflug zum Buzludzha Monument

Nachdem wir dies erfahren haben, steht für uns fest: Nichts wie hin! Praktischerweise bietet unser Hotel eine 4WD-Tour samt verrücktem neuseeländischem Guide an. Insgesamt zu acht quetschen wir uns am nächsten Tag in den Geländewagen und los geht es. „Langweilig oder Abenteuer?“ kommt vom Fahrersitz die Frage. „Abenteuer!!“ schreien alle im Chor. Dass dies zur Folge hat, dass wir stundenlang querfeldein durch die bulgarischen Wälder holpern würden, ahnte jedoch keiner von uns. Aber naja, ein Abenteuer war es auf jeden Fall!

Buzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFO
Die Abenteuertour beinhaltet auch interessant-riskante Wendemanöver zwischen Wald und Abgrund

Schließlich können wir durch die Bäume einen ersten Blick auf Buzludzha werfen. Die Frage nach dem Beinamen UFO erübrigt sich direkt. Wie eine riesige, fliegende Untertasse thront das Gebäude auf dem Berggipfel. Von hier ist es nur noch eine kurze Fahrt. Je näher wir kommen, desto beeindruckter sind wir.

Buzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFO
Angekommen am Buzludzha Monument, in der Mitte: der Eingang

Auf die Füße
Verachtete Genossen
Auf die Füße ihr Sklaven der Arbeit!
Unterdrückt und gedemütigt
Steht auf gegen den Feind!
Lasst uns ohne Gnade, ohne Vergebung
Ja, wir reißen das alte, verfaulte System ab…
Arbeiter
Arbeiterinnen
Kommt aus allen Ländern zusammen
Vorwärts! Genossen ohne Angst
Baut stark an unseren großen Taten!
Zu Arbeiten und zu Schaffen

Buzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFO
Der Haupteingang des Buzludzha Monuments

So lautet in etwa die übersetzte Inschrift, welche den Haupteingang des Denkmals zu beiden Seiten flankieren. Der Zahn der Zeit und so manche Plünderungszüge haben heftig an ihnen genagt, sodass nur noch ein Teil der Buchstaben an Ort und Stelle hängt. Die Türen sind fest verschlossen, das Betreten des Gebäudes ist an dieser Stelle nicht möglich. Wer hinein will muss schon etwas Geschick beweisen. Zu unserem Besuch war dies durch ein Loch rechts vom Haupteingang möglich. Wer sich hinein wagt sollte dringend eine Taschenlampe oder noch besser eine Stirnlampe mitnehmen und sich mit großer Vorsicht im Gebäude bewegen, jederzeit könnten Teile des Daches in sich zusammenstürzen.

Wer den Einstieg gemeistert hat, den erwartet ein Schlachtfeld. Statuen liegen zertrümmert auf dem Boden, die marmornen Böden sind Plünderungen zum Opfer gefallen und nicht mehr vorhanden und die einst mit rotem Samt ausgekleideten Decken hängen in Fetzen herunter.

Buzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFO

Das Auditorium von Buzludzha

Über kurz oder lang betritt man das Herz des Buzludzha -Denkmals: Das riesige Auditorium an dessen Wände Elemente der bulgarischen und sowjetischen Geschichte in kunstvollen Mosaiken thematisiert werden. Einen Teil der Mosaike zeigt Arbeitsszenen und die Erbauung des Denkmals selbst, andere zeigen Ernte und Krieg. Darüber hinaus fallen dem Kenner sofort drei Gesichter ins Auge: Engels, Marx und Lenin, von einem wilden, roten Flammenmeer umgeben. Ihnen gegenüber sind nur noch 2 der ursprünglich 3 Gesichter erkennbar. Das sorgfältig herausgetrennte Gesicht gehörte wahrscheinlich Todor Zhivkov, dem bulgarischen Präsident von 1954-1989. Neben ihm ist Dimitar Blagoev abgebildet, Gründer der BSDP und einer der Vorkämpfer des bulgarischen Sozialismus. Auf der rechten Seite befindet sich der Kopf von Georgi Dimitrov, der das Land von 1946 bis 1949 anführte. Der Blick schweift zur einst so prachtvollen Decke, von der nicht viel mehr als ein Skelett erhalten ist. In der Deckenmitte jedoch trohnt ein beinahe unbeschädigtes Hammer und Sichel Mosaik. „Proletarier aller Länder, schließt Euch zusammen“ so lautet die Inschrift des Mosaiks.

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Rechts: Engels, Marx und Lenin. Links: Das Deckenmosaik mit Hammer und Sichel

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Der Rundgang von Buzludzha

Von hier führen mehrere Türen zum Rundgang welcher das Auditorium umgibt. Vom glänzend weißen Marmorboden, der (damals) modern geschwungenen Deckenverkleidung und den Fensterscheiben ist natürlich heutzutage nichts mehr übrig. Was bleibt ist der wundervolle Panoramablick über das umliegende Balkangebirge und ein Teil der kunstvollen Mosaike, die auch hier die Wände zieren. Die abgebildeten Szenen erzählen von Wohlstand und Sieg.

Der Rundgang von Buzludzha
Der Rundgang von Buzludzha
Bulgaren, die zu Hilfe eilende russische Soldaten mit Brot, Salz und Blumen begrüßen
Bulgaren, die zu Hilfe eilende russische Soldaten mit Brot, Salz und Blumen begrüßen

 

Die Besteigung des Turms von Buzludzha

Unterhalb des Auditoriums und des Rundgangs befindet sich ein Labyrinth von Gängen, einer davon führt zum Turm. Die offenen Türen des Aufzugs am Fuße des Turmes führen in gähnende Leere, die einzige Möglichkeit den Turm zu besteigen ist über mehr oder weniger wacklige Eisenleitern. Ohne die Begleitung unseres Guides hätte ich mich wohl nie dort hoch gewagt, schließlich weiß man ja nie was einen erwartet. Dieser versichert uns aber, dass er erst vor ein paar Tagen mit einer Gruppe oben war.

Buzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFO
Links und Mitte: Im Stern. Rechts: Turmaufstieg

Nach (gefühlt) unzähligen Leitern kommen wir in einen rot beleuchteten Raum. Nach kurzem Umsehen stellen wir fest: Wir stehen im „Stern“ des Turmes. Teile der roten Verglasung sind durch Vandalisten herausgebrochen. Das einzig Gute: So können wir immerhin einen Blick auf die umliegende Landschaft werfen. Und weiter, immer weiter geht es im Dunklen nach oben. Nach einer gefühlten Ewigkeit ist es soweit: Tageslicht strömt von oben herein. Wir sind auf der Turmspitze angelangt. Eisengerüste, deren Sinn und Zweck ich mir nicht erklären kann „zieren“ die Plattform. Rundum haben wir einen tollen Blick auf die umliegende Berglandschaft und hinunter auch das UFO mit seinem durchlöcherten, morschen Dach. Zu guter Letzt folgte noch die ultimative Mutprobe: Wer traut sich, auf dem Rand des Turmes zu sitzen und die Beine über dem 70 m hohen Abgrund baumeln zu lassen? Ich passe. So lebensmüde bin ich dank doch nicht. Meine Höhenangst bedankt sich.

Buzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFO
Mutprobe: Beine vom Turm baumeln lassen

Fazit

Nach dieser lehrsamen, abenteuerlichen und auch etwas gruseligen Entdeckungsreise in die bulgarische Vergangenheit steht für uns fest: Bei einem Bulgarientrip gehört ein Besuch des Buzludzha Monument definitiv zum Pflichtprogramm. Wer es erleben möchte, sollte sich allerdings beeilen. Wie erwähnt wird nichts am Erhalt des Denkmals getan, es ist also nur eine Frage der Zeit bevor es gänzlich unzugänglich wird.

Mosaike in Buzludzha Happy Memories of Buzludzha MonumentMosaik im Buzludzha MonumentBuzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFOBuzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFOBuzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFOBuzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFOBuzludzha Monument – Bulgariens verlassenes UFO

Tipps:
  • Location: Das Buzludzha Monument befindet sich im Nirgendwo des Balkangebirges, nördlich von Kazanlak (bulgarisch: Казанлъ̀к) und ca. 12 km vom Dörfchen Shipka (Шипка) entfernt. In Shipka gibt es ein Hotel, das Shipka IT Hotel. Von Veliko Tarnovo aus fährt man ca. 1,5 Stunden bis zum Buzludzha Monument. Hier übernachteten wir im empfehlenswerten Hostel Mostel. Dieses bot seinerseits auch die geführte Tour inklusive 4WD an. Diese Karte zeigt die genaue Location von Buzludzha.
  • Absolutes Grundequiment um das Buzludzha Monument zu besichtigen: Feste Schuhe (keine Flipflops!!) und eine Taschenlampe, im Idealfall sogar eine Stirnlampe
  • Meine Empfehlung ist eine geführte Tour im Buzludzha Monument, denn Tourguides sind am besten über den aktuellen Zustand des Gebäudes informiert. Zusätzliches Plus: Man erfährt mehr über den Hintergrund des Gebäudes und die bulgarische Geschichte im Allgemeinen. 

 

Update 2019: 

Das Buzludzha Monument wie Ihr es auf den Bildern seht, haben wir bereits 2012 besucht. Von Lesern habe ich erfahren, dass alle Eingänge des Buzludzha Monuments inzwischen verschweißt sind und das Betreten unmöglich machen. Daher ist das Gebäude inzwischen nur noch von Außen zu besichtigen. Sehr schade aber verständlich. Zu unserem Besuch war das Gebäude schon äußerst heruntergekommen und baufällig, weswegen wir uns auch nur unter Begleitung und mit der notwendigen Ausrüstung ins Gebäude trauten.

 

Warst Du schon einmal im Buzludzha Monument? Oder hast Du Lust bekommen dorthin zu fahren? Wie immer freue ich mich über Deinen Kommentar!

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